Das Krankheitsbild aus Sicht der Chinesischen Medizin (TCM)

Allergie

Krankheitsbild

"Allergie" bezeichnet eine Regulations-Störung des Immunsystems, die sich in einer übersteigerten Abwehr-Reaktion auf bestimmte äußere Reize bemerkbar macht. Während zum Beispiel die Nasenschleimhaut eines gesunden Menschen ein Pollenkorn mit Hilfe ihrer Abwehrzellen unauffällig neutralisiert, wegräumt und ausscheidet, produziert der Allergiker eine umfangreiche Entzündungsreaktion. Die Schleimhäute werden vermehrt durchblutet, sie schwellen an und es kommt zum Ausstoß eines dünnen Reizsekretes. Wir wissen, dass eine plötzliche lokale Freisetzung von Histamin im Spiele ist. Deren Wirkung lässt sich durch die Einnahme von Antihistaminika hemmen. Und wir sehen den Allergiker leiden unter Brennen und Jucken der Schleimhäute, unter verstopfter Nase mit wässrigem Nasenfluss, Erkältungsgefühl, Müdigkeit und schließlich den, häufig nächtlichen, Asthma-Anfällen.
Bei den Klassikern der traditionellen chinesischen Medizin sucht man vergeblich nach Darstellungen der Allergie im modernen Sinne als ungewöhnlicher und bisweilen lebensgefährlicher Antwort des Organismus auf äußere Krankheitsverursacher. Das mag auch daran liegen, dass die Chinesen des Altertums seltener von Allergien geplagt wurden als wir modernen Menschen. Zureichend aber ist diese Erklärung nicht. Verantwortlich ist vielmehr ein unterschiedlicher Stil im Denken von Ursachen. Krankmachende äußere Einflüsse sehen wir im Westen primär als Stoffe. Das können zum Beispiel Viren sein oder Allergene. Entsprechend groß sind die Erfolge des Westens, wenn es darum geht, solche von außen eindringende Krankheitsfaktoren zu identifizieren und unschädlich zu machen oder zu vermeiden. Für das alte China waren die Krankmacher dagegen nicht Substanzen sondern Kräfte wie die Emotionen oder die Wetter-Ereignisse, also gleichsam Urgewalten, gegen die man sich kaum abschotten konnte. Für die an Allergien beteiligten isolierbaren Stoffe hatten sie wenig Sinn, hingegen einen umso größeren für die Zusammenhänge, in denen Allergene allererst ihre unheilvollen Effekte herbeiführen können. Von größter Bedeutung für die chinesische Krankheitsauffassung ist die Art und Weise, wie jene Elementarkräfte den menschlichen Organismus zu ganz spezifischen Reaktionen veranlassen, ihm dadurch sozusagen ihren Stempel aufdrücken. Das jeweilige Gepräge ist als bestimmter Reaktionstypus erkennbar. Ein Kälte-Einbruch zum Beispiel führt zu einer immunologischen Reaktion von anderer Art wie eine Feuchtigkeitsperiode oder ein Wintersturm. Entsprechend spricht die chinesische Medizin von "Wind"-, "Kälte"- oder "Feuchtigkeits"-Störungen, die sich in einem bestimmten Bild von Symptomen äußern. Auf diese Verursachungskomplexe nun bezieht sich ein guter Teil der chinesischen Krankheitslehre, der Diagnostik und der Therapie.
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